Rekonstruktion langstreckiger Knochendefekte durch Fibulaspan
Bei der Wiederherstellung des knöchernen Alignments einer langstreckigen Defektsituation hat sich der Fibulaspan bewährt. Er ist als autogenes Knochentransplantat defektstreckenadaptiert entnehmbar (Abbildung 2). Wegen seiner zylindrischen Form und der nahezu reinen kortikalen Struktur ist er für eine axiale Druckbelastung bestens geeignet.
Der Fibulaspan steht als freies oder gefäßgestieltes Transplantat zur Verfügung. Der gefäßgestielte Spaneinsatz kommt dann zum Tragen, wenn neben der knöchernen Defektsituation auch ein Weichteildefekt besteht, der eine myocutane Transplantation notwendig macht. Gerade als Teilersatz eines langen Röhrenknochens muß eine primäre mechanische Stabilität garantiert sein. Nach der Transplantation setzt in den ersten sechs Monaten nach Transplantation eine Abnahme der Knochendichte ein (Enneking). Innerhalb von zwei Jahren findet zu 32% ein belastungsadaptiertes Remodelling des Spanes statt, während 58% ihre ursprüngliche Größe beibehalten (Enneking).
Obwohl sich der Span gut in die Defektzone einfalzen läßt, induzieren die Druckkräfte keineswegs eine sichere Osteogenese (Arens).
Die Fixation des Spanes erfolgt über eine Einfalzung in die angrenzenden Knochenenden mit Schraubenfixation oder über eine spanübergreifende Plattenosteosynthese.
Indikationen: Der Fibulaspan kommt vor allem bei der Rekonstruktion langer Röhrenknochen wie Humerus, Femur oder Tibia zum Einsatz. Aber auch in der Unterkieferchirurgie, am Radius, am Vorfuß und an der Ulna findet der Span Verwendung.
Entnahme des Fibulaspanes: In leichter Seitenlage wird 2 cm dorsal der Linie zwischen Fibulakopf und Außenknöchelspitze ein Längsschnitt durchgeführt, der sich an die geplante Länge des zu entnehmenden Spanes orientiert (Abbildung1). Ein Drittel der distalen Fibula sollte erhalten bleiben. Die Faszie wird zwischen M. peroneus longus und M. soleus durchtrennt. Intermuskulär erfolgt die epiperiostale Freilegung der Fibula, nachdem sukzessive die Muskulatur des M. extensor digitorum longus, M. peroneus brevis und (bei proximaler Fibulaentnahme) ggf. des M. peroneus longus und partiell des M. soleus abpräpariert wurde. Die dorsal in den Knochen eintretenden Gefäße werden koaguliert. Die Fibula wird zum Schutz der A. fibularis mit Hohmann-Haken umfahren und mit einer niedertourigen oszillierenden Säge abgesetzt. Bei Mitnahme des Fibulakopfes ist der N. peroneus communis darzustellen und das Lig. collaterale laterale am Tibiakopf zu refixieren. Die Entnahme des Spanes erfolgt unter Mitnahme des Periostes. Ein subperiostales Ausschälen des Spanes kommt allenfalls bei Kindern / Jugendlichen zum Einsatz, wenn ein lokales Fibularemodeling angestrebt wird. Die Morbidität der reinen Fibulaspanentnahme ist gering (Enneking).
Ergebnisse: Die Konsolidierungsrate beträgt innerhalb 24 Wochen p.o. 89% (Krieg) (75% 12- 20Monate (Enneking)). Die Rate an Pseudarthrosen und Spanbrüchen ist bei der Verwendung von gefäßgestielten oder freien Fibulaspänen gleich! Um die Einheilungsrate zu verbessern, sollten Fibulaspäne in ersatzstarke Lager transplantiert werden. Das Gewebe im Defektbereich sollte eine gute Perfusion aufweisen. Um dies zu erreichen, bedarf es mitunter eines Knochen- und Weichteildebridements. Je schwächer das Ersatzlager ist, desto höher sind die Anforderungen an die biologische Potenz des Knochentransplantates (Hanslik). So ist auch die Spantransplantation nach Sanierung einer septischen Pseudarthrose mit einer erhöhten Pseudarthroserate verbunden. Die Länge des Transplantates beeinflusst nicht die Rate der knöchernen Integration wohl aber die Rate der Spanspontanbrüche (Enneking).
Komplikationen bei der Fibulaspantransplantation in den Humerus: Wundheilungsstörungen, Venenthrombose, Versagen der Spanfixation (ohne überbrückende Osteosynthese), Spanbruch innerhalb des ersten Jahres, Infektion und gelenkassoziierte Komplikationen (Heitmann).
Verfasser:
Dr. med. Jürgen Bong
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Abbildung 1 Fibulaspanentnahme |
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Abbildung 2 Fibulaspantransplantat im humoralen Defekt |
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Abbildung 3 Defektauffüllung durch Fibulaspantransplantation nach septischer Pseudarthrose |
Literatur:
Arens S, Kälicke T Aseptische und septische Pseudarthrosen am Unterschenkel In Tscherne Unfallchirurgie, Unterschenkel Springer 2003; 197-230
Enneking WF, Eady JL, Burchardt H Autogenous cortical bone grafts in the reconstruction of segmental skeletal defects. J Bone Joint Surg Am, 1980 Oct; 62 (7): 1039 -1058
Hanslik L Der klinische Wert des Knochentransplantates. Langenbecks Arch chir. 1971; 329: 996-1005
Heitman C, Erdmann D, Lewin LS Treatment of segmental defects of the humerus with an osteoseptocutaneous fibular transplant. J Bone Joint Surg Am. 2002 Dec; 84-A(12): 2216-23.
Krieg AH, Hefti F Reconstruction with non-vascularised fibular grafts after resection of bone tumours. J Bone Joint Surg Br. 2007 Feb; 89(2): 215-21.